Forschungsprojekte
Eiszeit: Der ‚Kälte-Einbruch‘ in die bundesdeutsche Popmusik seit dem Ende der 1970er Jahre
Dissertationsprojekt (2017-2022); Monografie: „Kälte-Pop“
Üblicherweise wird Pop-Musik von Wärmegraden beherrscht, die mitunter die Form von leidenschaftlicher Hitze annehmen. Am Ende der 1970er Jahre entstand im Vor- und Umfeld der sogenannten Neuen Deutschen Welle (NDW) mit dem Phänomen ‚Kälte-Pop‘ jedoch ein ästhetisches und (subjekt-)kulturelles Konzept in der deutschsprachigen Pop-Musik, welches das ‚Kalte‘ in den Mittelpunkt seiner Performances, Songtexte und Sounds stellte und zu dessen bekanntesten Vertretern international erfolgreiche Bands wie Kraftwerk, Deutsch-Amerikanische Freundschaft (DAF) und Einstürzende Neubauten gehören.
Als Gegenentwurf zum pop- wie gegenkulturell hegemonialen „Wärme-Kult“ (Sven Reichardt) entwickelten die Musiker:innen des ‚Kälte-Pop‘ ein System von Motiven, Codes und Strategien, das all jene Zeichen und Prozesse der (Post-)Moderne affirmierte und ästhetisierte, die am Ende der 1970er Jahre in der bundesdeutschen Gesellschaft und insbesondere im linksalternativen Milieu als negative bis bedrohliche Aspekte einer vermeintlich kalten Welt interpretiert wurden: Entemotionalisierung und Dehumanisierung, Industrie und Großstadt, Künstlichkeit und Oberflächenästhetik, Disziplin und körperliche Funktionalität, Gewalt und Härte, Entfremdung und Zerfallszeichen, thermische Kälte-Bilder wie Schnee und Eis, Baustoffe wie Beton und Stahl sowie technische Geräte wie Computer, Maschinen und Roboter. Zwar hatten die Motive und Strategien der ‚Kälte‘ im Rahmen der popkulturellen ‚Kälte-Welle‘ (1978–1983) einen vorerst kurzen, dafür aber auch einflussreichen und nachhaltigen Auftritt, der bis heute in der internationalen Pop-Musik und bei Musik-Acts wie Rammstein nachwirkt.
Griechischer Wein und Coco Jamboo. Konstruktionen ‚fremder‘ Kulturen in der deutschen Popmusik (1950-2000)
Laufendes Forschungsprojekt
Popmusik rückt die Welt nicht nur näher zusammen, ihr grenzübergreifender Charakter wirkt auch auf Identitäten. Sogar als ‚fremd‘ wahrgenommene und deklarierte Kulturen werden mittels popkultureller Produkte und Massenmedien für das Subjekt erfahrbar und Teil der alltäglichen Lebenswelt. Dies geschieht nicht nur durch die Rezeption ausländischer Bands, sondern vielfach auch durch Thematisierungen und Inszenierungen ‚fremder‘ Kulturen in der deutschen Popmusik. Diese Darstellungen gehören in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts über den Schlager hinaus zum Standardrepertoire deutscher (d. h. deutschsprachiger oder in den beiden deutschen Staaten produzierten) Popmusik.
In meinem Forschungsprojekt untersuche ich diese Konstruktionen in der deutschen Popmusik in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, ihre Akteur:innen und Rezeptionsgeschichte sowie ihren Einfluss auf die Gesellschaft der Bundesrepublik und der DDR.
Vorträge
„Neue (Ost-)Deutsche Härte. Rammsteinʼs Reinterpretation of the German“, Tagung: Pop after Communism. The Transformation of Popular Culture after 1989/90, 15.11. – 17.11.2023, Veranstalter: Leibniz-Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam, Ort: Flutgraben Berlin. Zum Programm.
„‚Girl you know it’s true‘? Zu Milli Vanilli, Frank Farian und der Frage, wer eigentlich wen betrogen hat“, Tagung: Hochstapelei. Zur Kulturgeschichte der Täuschung im 20. Jahrhundert, 12.10. – 13.10.2023, Veranstalter/Ort: Leibniz-Zentrum für Zeithistorische Forschung / Einstein-Forum Potsdam. Zum Programm.
„‚Ich tanze für den Untergang, ich bin nicht dagegen.‘ Apokalyptische Euphorie in der deutschsprachigen New-Wave Bewegung“, Online-Tagung: „Hurra, die Welt geht unter“. Katastrophen und Krisen in der Populärkultur, 17.11. – 19.11.2022, Veranstalter: AG Comicforschung und AG Populärkultur und Medien in der Gesellschaft für Medienwissenschaft / Institut für Neuere Deutsche Literatur und Medien an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel. Zum Flyer.
„Zur Reanimierung der ‚Verhaltenslehren der Kälte‘ in der bundesdeutschen (Pop-)Musik“, Tagung: Cool Retro Camp Trash. Aesthetic Concepts in Popular Culture, 03.05. – 05.05.2018, Veranstalter/Ort: Zentrum für Populäre Kultur und Musik der Albrecht-Ludwigs-Universität Freiburg. Zum Programm.